Auf Rückmeldungen jeder Art bin ich sehr gespannt. Ich bin neugierig
darauf, was Sie an meinen Texten gefreut hat, was geärgert und was Sie
für diskussionswürdig halten. Haben Sie also bitte keine Hemmungen,
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Vornehm, vornehm
Als wir seinerzeit, schon lange her, nach Castellabate
gezogen waren, konnte ich erstmals den Fürsten sehen, quasi in Zivil, also außerhalb
der Rahmenbedingungen, unter denen ich ihn sonst gesehen habe.
Wer "der Fürst" ist?
Als wir das erste Mal in Castellabate Urlaub gemacht hatten,
das ist noch länger her, ist mir auf dem Weg vom Strand zum Hotel "Madonna
della Scala" dieser Mann aufgefallen. Fast jeden Tag hat er in einer
kleinen Parkbucht Feigen feilgeboten. In Süditalien ist das nichts
Ungewöhnliches, vor allem im Sommer bieten alle möglichen Leute alle möglichen
Sachen am Straßenrand an, ob nun aus dem Auto heraus oder aus neben ihnen
stehenden Kisten.
Dieser Mann saß bequem auf einem Klappstuhl im Schatten und
wartete auf Kundschaft. Ein schon etwas älterer Mann, mit kurzgeschnittenem,
grauen Haar, grauem Schnauzbart und brauner Haut. Nicht die gepflegte Bräune
des Strandes, sondern jene dunklere der Arbeit auf dem Feld. Ein Bauer. Wie er
so, die Beine übereinandergeschlagen, die Arme vor der Brust verschränkt, den
Blick aufmerksam auf seine Umgebung gerichtet, strahlte er eine gelassene Würde
und ein ganz selbstverständliches Selbstbewußtsein aus. Diesen Mann in ein
erstklassiges Gewand gesteckt, auf einem kostbaren Sessel postiert - und jeder
würde in ihm einen Fürsten aus uraltem Adelsgeschlecht sehen. Einen, der von
Kindesbeinen an gewohnt ist, daß man ihm mit Ehrerbietung begegnet.
Vor vielen Jahren war mal im "stern" eine
Photoserie zu sehen. Ein Photograph, den Namen habe ich leider vergessen, hatte
Penner von der Straße geholt. Er ließ sie waschen, pflegen und steckte sie dann
in Kleidung, die für sehr reiche und vornehme Männer üblich sind. So ließ er
sie nun als Herren posieren und photographierte sie. Hätte man nicht die Photos
der Herren im "Originalzustand" danebengestellt, man wäre nie auf die
Idee gekommen, es könnte etwas nicht stimmen mit diesen Lords.
Und dann lohnt sich ein Blick auf diese vier Galgenvögel.
Wie man aus den Namensschildchen erkennen kann, handelt es sich um
Polizeiphotos und es wäre ein nettes Gesellschaftsspiel, auf einer Party raten
zu lassen, wegen welcher Verbrechen diese Leute in Polizeigewahrsam gekommen
sind.
Nun, es handelt sich um Vorstandsmitglieder der IG Farben,
nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und
verurteilt. Allesamt haben sie nach kurzer Haftzeit ihre Karriere in der
Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt.
Aber das ist eine andere Geschichte. In unserem Zusammenhang
ist interessant, daß anscheinend Vornehmheit, Selbstbewußtsein und all die
schönen Dinge, durch die sich unser Führungspersonal auszeichnet, von der
Situation abhängt, in der sich ein Mensch befindet. Im Gefängnis sitzend, wie
Strolche behandelt, sehen die Herren nicht mehr wie Herren aus, sondern wie
Strolche.
Wenigen ist es gegeben, auch in mißlicher Lage noch inneren
Glanz auszustrahlen.