Rosinen im Kopf
Inzwischen habe ich sie auch schon wieder verschmissen, aber
vor etlichen Jahren hatte ich mal eine - damals schon antiquarische - PC-Version
des Duden-Lexikons "Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten"
gekauft.
Dort bin ich auch auf den Eintrag über die "Rosinen im
Kopf" gestoßen.
Rosine: große Rosinen im Kopf haben (ugs.): hochfliegende Pläne, Ideen haben: Sie hatte schon immer große
Rosinen im Kopf. ... für ihn sei die Rekrutenzeit die sorgloseste Zeit gewesen,
weil man noch keine Verantwortung hatte und noch große Rosinen im Kopf (Ott,
Haie 310).
- Die heute
gebräuchliche Wendung ist eine Abwandlung der älteren Wendung »große Rosinen im
Sack haben«, die sich auf den Wohlstand des reichen Händlers bezog. Sie wurde
übertragen auf das Streben nach diesem Wohlstand, auf große Pläne.
Diese Erklärung konnte (und kann) mich nicht recht
überzeugen, sie will mir nicht plausibel erscheinen. "Rosinen im Kopf
haben" (ich habe die Redensart übrigens bisher nur in der Variante ohne "groß" gehört) bezieht sich ja
nicht nur - und nicht mal hauptsächlich - auf die Träume vom Großen Geld, vom
Großen Reichtum. Es sind die großen (unrealistischen?) Träume von einer
Filmkarriere, wissenschaftlichem Ruhm, sportlichen Erfolgen und was der
schönen Dinge mehr sind, die den Leuten im Kopf herumspuken. Diese
Traumkarrieren bringen natürlich, wenn sie denn wahr werden, meistens auch
finanziellen Segen mit sich. Der finanzielle Aspekt spielt jedoch in den
"Rosinenträumen" der jungen Leute meist gerade keine Rolle. Da gibt's in den Familien doch immer die großen
"Wovon-willst-du-dann-leben?"-Diskussionen mit dem Nachwuchs, wenn er
mitteilt, er wolle Schriftsteller, Schauspieler oder Duden-Redakteur werden.
So gesehen macht die vom Duden (und nicht nur von ihm, ich
habe ähnliche Erklärungen auch anderswo im Netz gefunden) behauptete Herkunft
des Spruchs vom großen Sack des reichen Händlers keinen rechten Sinn.
Meine Erklärung, die ich allerdings nicht belegen kann,
erscheint mir plausibler:
Ich glaube, der Spruch von den "Rosinen im Kopf"
kommt aus dem französischen Sprachraum. Und ich glaube das deshalb, weil der
Spruch auf französisch ein ganz wunderschönes und passendes Wortspiel ergibt;
sehr viel passender, als die etwas gewaltsam zurechtgebogene Geschichte mit dem
Sack des Kaufmanns. Der übertrieben optimistische junge Franzose hat raisins im Kopf und sollte doch - nach
Überzeugung noch jeder Elterngeneration - was im Kopf haben? Raison natürlich, Vernunft, Verstand.
Sehen sich die beiden Wörter schon geschrieben sehr ähnlich,
so werden sie - ein bißchen schlampig ausgesprochen - sogar ganz leicht
verwechselbar.
Und weil ich gerade dabei bin, füge ich noch eine Bemerkung
zur etymologischen Ableitung von "Matsch"
im Duden hinzu:
Matsch: Der seit dem
18. Jh. bezeugte Ausdruck für "weiche, breiige Masse; nasser
Straßenschmutz" gehört zu dem Verb matschen
ugs. für "mischen, durcheinandermengen, herumsudeln", das lautmalenden
Ursprungs ist. Neben 'matschen' findet sich auch eine gleichbedeutende nasalierte
Form manschen (17. Jh.), wie
z.B. 'panschen' neben 'patschen'; beachte auch Mansch ugs. für "Schneewasser; schlechtes Wetter; Suppe;
wässeriges Essen". Abl.: matschig ugs.
für "breiig; klebrig, schmutzig; überreif" (um 1800).
Das mit der Lautmalerei der Worte "Matsch" und
"matschen" leuchtet mir zwar ein... Aber es gibt im Italienischen das
Verb macinare, kleinmahlen, der Caffé macinato ist das staubfein
gemahlene Espressomehl, die macina
ist der Mahlstein.
Könnte es nicht sein...?
Und noch ein Spruch, den ich bei der Recherche im Netz
gefunden habe:
Lieber Rosinen im
Kopf als Haare im Kuchen