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Piraten des karibischen Meeres

Die Stärke des Piraten liegt in der Angst vor dem Piraten

„Männer“, rief die Bohne, „wenn ihr nicht so ‑ fort in eure Betten steigt, gibt’s heute abend keine Geschichte.“

„Ich will aber eine Geschichte hören“, plärrte der Micky, während der Basti eine Schnute zog und beleidigt war.

„Wenn ihr eine Geschichte hören wollt, dann hört mit dem Gehopse auf, geht in’s Bett und deckt euch zu.“

„Also“, meinte die Bohne, als es sich die beiden Männer endlich in ihrem Stockbett gemütlich gemacht hatten, der Basti oben und der Micky unten. „Also, die Geschichte geht so: Es war einmal ein Vater, der hatte zwei Söhne.“

„Oh, Gott!“ Sebastian, der von seinem Vater schon zu viele Geschichten gehört hatte, die allesamt mit ‘Es war einmal ein Vater, der hatte zwei Söhne’ begannen, verdrehte stöhnend die Augen nach oben.

Der Vater aber grinste und fuhr fort: „Diesem Vater erging es wie mir, er mußte seinen beiden Söhnen jeden Tag vor dem Schlafengehen eine Geschichte erzählen. Eine echte, richtige Geschichte, keine aus Büchern. Denn am liebsten hörten die beiden Söhne eine wahre, vom Vater selbst erfundene Geschichte. Eines Tages begab es sich, daß dem Vater, der seine beiden Söhne sehr liebte, keine Geschichte mehr einfallen wollte. Der Vater küßte also seine beiden Söhne, wie er das jeden Tag vor dem Schlafengehen tat, löschte das Licht und verließ das Schlafzimmer der beiden Jungen.“

Und die Bohne küßte die beiden Jungen, löschte das Licht und verließ das Schlaf...

„Oh, nein!“ rief da der Micky energisch. „So nicht! Du erzählst uns jetzt eine Geschichte, und zwar sofort! Und zwar eine richtige Geschichte! Nicht so einen Dreck von einem Vater, der eine Geschichte erzählt und dann doch keine erzählt.“

„Aber, wenn mir doch keine einfällt“, jammerte die Bohne verzweifelt.

„Dann“, kicherte Sebastian, „erzähl’ halt eine wahre Geschichte. Besser als gar keine.“

„Eine wahre Geschichte, hm.“

„Ja, wahr“, rief der Michael. „Wahr, wahr.“

„Hm, also“, begann die Bohne. „In Mexiko gibt es eine Stadt namens Vera Cruz. In dieser Stadt lebte einst ein Vater, der hatte zwei...“

„Boh - ne!“

„Aber wenn’s doch die einzige Geschichte ist, die mir heute einfällt.“

Diese Geschichte nicht“, meinte Sebastian. „Und wenn’s die einzige Geschichte wär’, die’s noch gäb’.“

Und Michael setzte noch eins drauf: „Wir wollen nie wieder eine Geschichte von einem Vater und seinen zwei Söhnen hören.“

„Gut, so hört denn zu: In Vera Cruz lebte einst ein junger Mann, der hatte einen Bruder und einen Vater. Dieser Vater war, als er noch jung und überhaupt kein Vater war, schuld daran, daß die ‘Vera Cruz’ im Meer versank.“

„Städte versinken nicht im Meer“, protestierte Michael.

„Das tun sie doch. Wenn auch nur selten.“

„Eben.“

„Aber die ‘Vera Cruz’ war keine Stadt, sondern ein Schiff.“

„Ein Schiff?“

„Ein Schiff. Eines jener Schiffe, die seit Jahrhunderten auf dem Grund des Ozeans ruhen.

Zu jener Zeit, als die „Vera Cruz“ ihr feuchtes Ende fand, als achtzig, hundert oder mehr Matrosen, Soldaten und Edelleute mit ihrem Schiff in die grauenvolle Tiefe gerissen wurden, war es noch nicht einmal hundert Jahre her, daß Kolumbus durch einen dummen Zufall Amerika ein drittes Mal entdeckt hatte.“

„Ein drittes Mal?“ Sebastian runzelte die Stirn. „Wieso ein drittes Mal?“

Die Bohne grinste. „Na, lange vor Kolumbus sind doch schon die Wikinger nach Amerika gekommen. Oder?“

„Und davor?“

„Na, Männer! Wer ist noch vor den Wikinger nach Amerika gekommen?“

„Na,... niemand.“ Sebastian war sauer, daß ihn die Bohne schon wieder zu verarschen versuchte.

Bis der Michael schließlich kapiert hatte. „Doch, Basti, die Indianer. Gell, Bohne, du meinst die Indianer?“

Freilich meinte die Bohne die Indianer. Und fuhr in seiner Erzählung fort.

Im ersten Jahrhundert nach Kolumbus vernichteten die spanischen Eroberer ein Indianerreich nach dem anderen. Sie raubten den Indianern große Mengen Gold und Silber, das sie mit ihren Schiffen nach Spanien transportierten.

Um diese Zeit gab es aber auch verwegene Leute, die auf Hoher See den Spaniern auflauerten, um ihnen die Schätze, die sie zuvor an Land den Indianern geraubt hatten, wieder wegzunehmen.

Hundert Jahre nach Kolumbus, das war die Große Zeit der

Piraten des karibischen Meeres

Auf ihren Schiffen mit der blutroten Totenkopf-Fahne fuhren sie hinaus aufs blaue, sonnendurchglühte Meer, kaperten Handelsschiffe und raubten ihre Ladung. Zwischen ihren Kaperzügen aber saßen sie in den Seeräuber-Kneipen ihrer Seeräuber-Häfen, soffen und rauchten und erzählten sich furchtbare Seeräuber-Geschichten. Geschichten, die meistens noch ein bißchen rauher waren als die ohnehin schon wilde Wirklichkeit.

Der wildeste, rauheste und furchtbarste Pirat war in jenen Tagen aber ein gewisser Freddy Schwarzbart.

Käpt’n Schwarzbart war ein Bär von einem Mann, schwarze Haare, schwarzer Bart, alles dicht verfilzt. Das viele Rum-Trinken hatte seine Stimme rauh und heiser werden lassen, vom vielen Tabak-Kauen waren die paar verbliebenen Zähne gelb verfärbt. So manches Goldschiff der Spanier war von ihm schon erbeutet worden.

Wo immer Freddy Schwarzbart auftauchte, gab es über kurz oder lang Streit. Wann immer es Streit gab mit Freddy Schwarzbart, blieb Freddy Schwarzbart Sieger. Und wer immer gegen Freddy Schwarzbart im Streite unterlag, hatte wenig zu lachen.

Eines Tages war wieder mal mächtig viel los in Hugos Piratenkneipe. Eine dicke, betäubende Wolke von Zigarrenqualm und Jamaica-Rum hing in der Luft und es war ein Lachen und Grölen, wie es nur in einer Piratenkneipe ein Lachen und Grölen sein kann.

Plötzlich wurde die Tür von außen aufgerissen und Peter Watson stolperte in die verräucherte, lärmende Kneipe, keuchte und jappste und fiel auf die Knie. „Schwarz...“ rief er und konnte vor Keuchen und Jappsen nicht weiter sprechen.

„Schwarz?“ fragte Hugo, der Piratenwirt. „Was heißt ‘schwarz’?“

Peter Watson deutete in panischem Schrecken nach draußen und krächzte dann: „Schwarzbart!“

Weiter kam er nicht, denn ein mächtiger Stoß einer schwarzbehaarten Hand in seinen Rücken ließ ihn die Treppe herunterpoltern.

Hinter ihm, plötzlich in der Tür erschienen, stand ein Bär von einem Mann, schwarze Haare, schwarzer Bart, alles dicht verfilzt.

Freddy Schwarzbart!

Jäh war das Lachen und Grölen verstummt. Eine bleischwere Stille lag über Hugos Piratenkneipe. Was würde Freddy Schwarz­bart als nächstes machen? Würde er toben und fluchen und seine Fäuste schwingen? Würde er die Kneipe zu Klump hauen und manchen Gast dazu?

„Hugo!“ rief Freddy Schwarzbarts versoffene Piratenstimme in den Raum. „Rum für meine Freunde.“

Das war vielleicht eine Erleichterung! „Hoch!“ riefen sie alle, die eben noch gezittert hatten. „Hoch, Freddy Schwarzbart, dem edlen Spender.“

„Trinkt auf mein Wohl, meine Freunde“, rief Freddy, und alle reckten ihre Gläser und Becher hoch und ließen sich Rum einschenken, echten, piratenstarken Jamaica-Rum. Und sie tranken und brachten Trinksprüche aus auf Freddy Schwarzbart, den gefürchtetsten aller schrecklichen Piraten des Karibischen Meeres.

„Männer!“, schrie Schwarzbart, als er einen großen Schluck Rum getrunken hatte. „Ich muß euch was sagen.“

Sagte dann aber nichts, sondern ließ erst einmal einen fürch­terlich rohen und absolut unappetitlichen Rülpser schnaps­feucht und donnergurgelnd aus seiner mächtigen Piratenkehle fahren.

„Leute“, sagte er schließlich, „Leute, ich brauche Männer; unerschrockene und zur See erfahrene Männer.“

„Es geht wieder los, Freddy, nicht?“ fragte der schöne Dan, und Freddy Schwarzbart lachte und haute dem armen Dan mit seiner mächtigen Pranke so kräftig auf den Rücken, daß Dan seither den Spitznamen der „bucklige Dan“ trug.

„Richtig Männer!“ rief Freddy mit dröhnender Stimme, „Käpt’n Schwarzbart fährt wieder zur See. Käpt’n Schwarzbart geht auf Große Kaperfahrt.“

„Mit reicher Beute?“ fragte der einarmige Jim, der leicht Fragen hatte, weil er außerhalb der Reichweite von Freddy’s Pranken saß.

„Das will ich hoffen“ dröhnte Freddy und schlug gutgelaunt auf den Tisch. „Ein Vöglein hat mir gezwitschert, daß in wenigen Tagen die ‘Vera Cruz’, reich beladen mit Schätzen, auf ihrem Weg von Spanien nach Mexiko die Gewässer um Tortuga kreuzen wird.“

„Verzeih, Freddy“, unterbrach ihn der kühne Willy, „aber die ‘Vera Cruz’ fährt in umgekehrter Richtung, von Mexiko nach Spanien.“

Blitzartig drehte sich Freddy nach Willy um.

„Wo - her?“ fragte Freddy Schwarzbart mit Gewitterstimme, „woher weißt du von der ‘Vera Cruz’?“

Willy, der Schlaue, wurde abwechselnd blaß vor Angst und rot vor... vor ebenfalls Angst. Alle, die kein Blut sehen konnten, drehten sich schon mal vorsichtshalber zur Seite. In einer Kaschemme voller blutrünstiger Piraten waren das na­türlich nicht viele.

„Ich weiß es nicht, Freddy, ehrlich“, wimmerte Willy weinerlich. „Ich hab’s mir nur gedacht...“

„Gedacht“, zischte Freddy zwischen den Zähnen hervor. „So, so: gedacht!“

„Ja, gedacht“, weinte Willy. „Weil die Spanier ihre Schätze doch immer von hier nachhause schaffen und nicht umgekehrt.“

„Gedacht! Gedacht!“ schrie Freddy noch einmal. Dann schlenzte er dem schlauen Willy, der seitdem nur noch der „arme Willy“ genannt wurde, einen heißen Satz Ohrfeigen um die Löffel und wandte sich wieder seinem Geschäft zu.

„Also, Leute, wer macht mit, auf Käpt’n Schwarzbarts Großer Kaperfahrt?“

„Ich“, riefen sie alle, „ich!“ Der grindige Jake, der verschlagene Herbert, Tom mit der Hakenhand, Tim der Wabbelbauch, Anton mit dem aasigen Atem und viele andere wurden per Handschlag von Freddy in seine Mannschaft aufgenommen.

Dann waren da noch vier Einarmige, zwei Einbeinige, ein Keinbeiniger und drei Blinde, die allesamt von Freddy Schwarzbart unter rohem Lachen als den hohen Anforderungen an sein Personal nicht genügend zurückgewiesen wurden.

Nach knapp einer Stunde hatte Käpt’n Freddy Schwarzbart seine Mannschaft beisammen. Hugo rollte ein neues Faß mit Rum herein, dann wurde gefeiert.

Der neue Gast wurde in dem allgemeinen besoffenen Durcheinander gar nicht weiter beachtet. Erst als das kleine, schmächtige Bürschchen bei Hugo ein Glas Milch bestellte, fing der erste der Piraten zu glotzen an.

Hugo, der seit zwanzig Jahren diese Kneipe führte und vor achtzehn Jahren aufgehört hatte, sich über irgend etwas zu wundern, brachte es fertig, von irgendwo her ein Glas Milch hervorzuzaubern.

Als der Kleine seine Milch ausgetrunken hatte, hatte sich die Neuigkeit bis zu Freddy Schwarzbart herumgesprochen.

In Begleitung seiner engsten Freunde - circa zwanzig Mann ‑ wankte Freddy auf den Kleinen zu, der gerade dabei war, sich von Hugo ein zweites Glas Milch einschenken zu lassen.

„Nix da!“ brüllte Freddy, als der Kleine das Glas erneut an die Lippen setzte. „Wer auf mein Wohl trinkt, der trinkt darauf mit Rum. - Hugo, Rum für unseren neuen Freund.“

„Ja“, grölte nun der ganze Saal, „Hugo, Rum für den Neuen.“ Und alle lachten und freuten sich, weil wieder mal jemand ganz fürchterlich verdroschen werden würde.

Der Neue aber trank in aller Ruhe sein zweites Glas Milch aus, stellte es auf die Theke zurück und legte eine Münze - den Preis für zwei Glas Milch in Hugos Piratenkneipe - daneben.

Als er sich entfernen wollte, packte ihn Freddy am Hemd. „Trink!“ rief er und hielt ihm einen Becher Rum unter die Nase. „Trink auf mein Wohl!“

„Nein“ antwortete das Männchen und blickte Freddy Schwarzbart furchtlos in die Augen.

„Dann bist du also nicht mein Freund?“

„Ich bin“, sagte das kleine Männchen, „Ramòn Diaz Garcia. Und ich bin nicht der Freund von... Wer ist der Herr eigentlich?“ wandte sich Ramòn an einen der Umstehenden.

Käpt’n Freddy Schwarzbart, dieser Bär von einem Mann, jaulte auf vor Wut und riß seinen schweren Piratensäbel aus dem Gürtel.

Ramòn Garcia Diaz sprang einen Schritt von Schwarzbart weg. Schneller, als dies irgendeiner der Piraten je in seinem Leben gesehen hatte, zog Ramòn seinen leichten, ungemein scharfen Degen und hechtete auf Freddy Schwarzbart zu. „Hui“ machte der Degen und pfiff durch die Luft, und „ratsch“ machte der Degen. Und hatte den schwarzen, dicht verfilzten Bart von Freddy Schwarzbart knapp unter dem Kinn abgeschnitten.

„Waaa...“ stammelte Freddy Schwarzbart. „Waaa... waaa...?“ Fassungslos sah er die schwarze Matte, die einmal sein Bart gewesen war, auf dem Boden von Hugos Kneipe liegen.

„Du Hund!“ fluchte er. „Du Mistkerl! Ich werd’ dich... na, warte...“

Und er hob seinen Säbel, den verfluchten Hund in zwei Teile zu spalten. Ramòn aber war längst auf den Tisch gesprungen, von dort auf den nächsten und von diesem war es nur noch ein Hechtsprung bis zu den Stufen, die nach oben führten.

Freddy Schwarzbart, der dicke, klobige Käpt’n Schwarzbart, keuchte hinter Ramòn her, verhedderte sich zwischen seinen sturzbesoffenen Beinen und plumpste auf den Bauch. Rappelte sich auf, schnitt sich mit dem eigenen Säbel eine Fleischwunde in den Arm. Fluchte vor Zorn und heulte vor Wut. Stolperte weiter und haute mit dem Gesicht auf die Platte des nächstgelegenen Tisches.

Hörte, wie Randolph, der Saftsack, kicherte und hob den Säbel, Randolph in Scheiben zu schneiden.

Das hört sich lustig an: „Randolph in Scheiben geschnitten.“ Aber: stellt euch das mal vor! Ihr steht irgendwo rum und vor euch steht Freddy Schwarzbart, zwei bis drei Kopf größer als ihr, blind vor Schmerz und schäumend vor Wut und in der Hand trägt dieses Monstrum von Schwarzbart einen großen, schweren und rasiermesserscharfen Säbel, den er vor euren Augen hebt, um ihn dann niederkrachen zu lassen auf euch. Stellt euch das mal vor!

Ihr hättet das gleiche getan, wie Randolph, der Saftsack, stimmt’s? Ihr hättet, halbtot vor Angst, die Krücke, mit der ihr Tag um Tag durch’s Leben humpelt, gepackt und in schriller Panik in Freddy Schwarzbarts Bauch gedroschen. Und weil ihr, wie Randolph, im Kämpfen und Zuhauen noch nie sonderlich geschickt wart, würdet ihr nicht Freddy’s Bauch, sondern den Kopf getroffen haben. Und, mitten auf dem Kopf von eurer beinharten Krücke getroffen, wäre Schwarzbart zusammengesackt.

Von eurem... nein, nicht von eurem, aber von Randolphs Schlag getroffen, sackte der in der ganzen Karibik gefürchtete Käpt’n Freddy Schwarzbart ohnmächtig zusammen.

Ramòn Diaz Garcia aber war längst verschwunden.

Am Tag darauf stand Freddy Schwarzbart auf dem Deck seines großen, stolzen Schiffes und wartete auf seine gestern in Hugos Kaschemme angeworbene Mannschaft.

Es kam aber keiner, bis auf Anton mit dem aasigen Atem. Aber auch der kam bloß, um Freddy zu sagen, daß er keine Lust mehr hätte, mit einem Käpt’n auf Große Kaperfahrt zu gehen, der sich von einem Einbeinigen niederschlagen ließ.

Freddy raste vor Wut, als er Anton so reden hörte. Weit holte er aus, ihn mit der bloßen Faust niederzustrecken. Anton aber sprang zur Seite und ließ Freddy’s Dampfhammer ins Leere schlagen. Zwei kurze, schnelle Schritte nach vorne und Anton war nah genug an Schwarzbart dran, um ihm seinerseits einen kräftigen Hieb mitten in die brutale Piratenfresse zu donnern.

Da lachten alle, die dies gesehen hatten und ihr Lachen und Prusten und Schenkelklatschen wollte und wollte kein Ende nehmen.

Freddy Schwarzbart aber erhob sich von den Planken, auf die ihn Antons Schlag gestreckt hatte, drehte sich um und verschwand in die Kapitänskajüte, um dort bitterlich zu weinen.

So also hat Ramòn Diaz Garcia dafür gesorgt, daß die „Vera Cruz“ bis auf den heutigen Tag, reich mit Schätzen beladen, auf dem Grunde des Atlantiks liegt. Ohne Ramòns Streit mit Käpt’n Schwarzbart wäre Freddy’s Schiff wie geplant ausgelaufen. Es wäre zwei Tage später auf die „Vera Cruz“ gestoßen und es hätte eine lange, grauenvolle Seeschlacht gegeben, bei der alle Piraten aus Käpt’n Schwarzbarts Mannschaft blutig hingemetzelt worden wären. Denn die „Vera Cruz“ hatte, was Freddy nicht wußte, fünf Kanonen und beinahe einhundert Soldaten an Bord.

So aber, da Ramòn sich tatsächlich mit Freddy Schwarzbart stritt, geschah es, daß die „Vera Cruz“, unbehelligt von Piraten, auf den offenen Atlantik hinausfuhr und dort in einem der schrecklichsten Stürme dieses Sommers mit Mann und Maus unterging.

„So, Männer“, sagte die Bohne, „dann schlaft mal gut und träumt was Schönes.“ Und die Bohne küßte erst den Sebastian, weil der oben im Stockbett lag und dann den Michael unten.

„Träumt nicht von ersoffenen Seeleuten und hingemetzelten Piraten.“

„Und morgen“, murmelte der Michael, der schon halb eingeschlafen war, „morgen erzählst du uns eine neue Geschichte.“

„Gut, gut“, brummte die Bohne und löschte das Licht im Schlafzimmer der beiden Männer. „Morgen erzähle ich euch eine neue Geschichte.“

Und als er die Tür hinter sich zugemacht hatte, seufzte er bei sich: „Wenn mir dann eine einfällt.“

 

* * *