"...fragt nicht nach Sitte, nicht nach Recht und
Macht"
oder
1 Gott, 1 Arzt & Mutter Oberin
"Liebe ist nur ein Wort" dichtete einst der große Simmel -
oder ließ dichten, denn die knackigen, fetzigen Titel schmocken sich eh meist
die Werbeheinis aus dem Kreativhirn
Und Janis Joplin argwöhnte seinerzeit, "love" sei doch bloß
"a four-letter-word".
Auch ansonsten ist "Liebe" eines der abgelutschtesten Worte
und abgefucktesten Begriffe, die's gibt; von Lore-Romanen beschmalzt, von
Porno-Schinken bewichst und vom "Liebet-Euren-Nächsten"-Knödeln Geistlicher
Würdenträger endgültig verweihwasserwedelt und zersegnet.
Vor Jahresfrist war der Tagespresse zu entnehmen gewesen, daß
es sie doch noch gibt, die Liebe; die wahre, schöne und gute Liebe. Nicht die
Wald- und Wiesen-Menschenliebe ist gemeint, welche - caritas, caritatis - doch
nur Mildtätigkeit zeugt; von der richtigen Liebe ist die Rede, kinderzeugend
(oder nicht), die irgendwann, gradlinig oder in Rühr-mich-nicht-an-Arabesken,
auf den Geschl-ächz!-verkehr zutorkelt.
Erfaßt von dieser Liebe im Fleisch - die dennoch entschieden
mehr ist als Fleisch - wurde eine Frau, welche ihren Lebenskreis verließ, dem
Manne nachzufolgen. Und wenn sie nicht gestorben sind - wofür zu diesem
Zeitpunkt wenig spricht - dann leben sie noch heute. Soweit, so stinknormal. Nun
zu den Einzelheiten:
"Der Johannesburger
'Sunday Express' berichtete am Sonntag, die in Deutschland geborene 63jähriqe
Mutter Oberin Johanna Laudenklos habe ihren Orden und die Kirche verlassen um
ihren 72jähriqen Geliebten Dr. Christian Hamilton zu
heiraten.
Die beiden lernten
sich im vergangenen Jahr kennen, als Hamilton nach dem Tod seiner Frau im
katholischen Konvent in der südafrikanischen Küstenstadt George um Unterstützung
und Beistand bat.
Mutter Johanna, die
dort 40 Jahre im Orden des Heiligen Kreuzes nur Gott diente, verliebte sich in
Hamilton und verließ den Orden einen Tag nach Weihnachten, schrieb die
Zeitung.
Die zwei gingen in den
'Untergrund', nachdem die Lokalpresse ihren Fall aufgegriffen hatte, heirateten
sie in der vergangenen Woche und flohen nach Deutschland oder Kanada, schrieb
der 'Sunday Express'. Kirchliche Würdenträger in Südafrika bezeichneten die
Romanze als 'Skandal' und verweigerten der Presse gegenüber weitere Auskünfte.
(dpa/upi vom l2. 1. 1982)
Sag, wird dir bei dieser Botschaft nicht warm um's Herz und
eigen im Gemüt, Bruder in Christo und Schwester in Maria? Sag?
40 (vierzig!) Jahre lang hat diese Frau gekämpft gegen sich
und gewütet in sich. Ist vermutlich irgendwann im Kindesalter getappst in die
Falle christkatholischer Frömmigkeit; hat später im einmaligen Entschluß ein
Gelübde abgelegt, welches sie 40 Jahre band und zwang, die kalte Last der
Sittsamkeit zu tragen, mochte sie fortan denken und wünschen, was immer sie
wollte, bei Strafe, den ewigen Seelenfrieden zu verlieren. Die
Tatter-Monster-Sekte "Katholische Kirche e. V." braucht sich, was
psychologischen Druck auf Mitglieder und Kader betrifft, vor keiner
Jugend-Winz-Sekte zu verstecken.
Und hat sie getragen, vierzig Jahr', und mocht' sie nicht
tragen mehr, die keusche Last. Nach 40jährigem Kampf gegen das Fleisch, in
einem Alter, wo mein Geburtsjahrgang voreilig das Leben für so ziemlich gelaufen
glaubt, zu einem Zeitpunkt, da der gröbste Ärger mit der leidigen Lendenlust
ausgestanden scheint, hat diese Frau den Mut gehabt, radikal neu
anzufangen.
Daß es eine Art Gott gibt, war immer schon zu vermuten
gewesen, wenngleich nie so recht zu beweisen. Nun aber wissen wir, daß dieser
Gott - so es ihn gibt - den Schalk im Nacken sitzen hat, tut entschieden gut. Zu
sehen, wie er die rehledernen Handschuhe von den Fingern streift um lässig den
kostbaren Lappen dem Klerus um die gesalbte Birne zu schlenzen, ist kostbare
Labsal in trüben Zeiten.
Doch
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