Der Kudamm, diese merkwürdige Straße in Berlin, an der ein hohler Zahn
gen Himmel weist und von sich behauptet, ein Kirchturm zu sein, hieß
jahrhundertelang Kuhdamm, weil hier - als das Gelände noch weit
außerhalb der Stadt lag und schwer ländlichen Charakter hatte - die Kühe
entlanggetrieben wurden. Berlin wuchs und wuchs und vorwitzige
Lokalpatrioten hatten bereits begonnen, das krebsartig wuchernde Gebilde
"Stadt" zu nennen, da betrat ein Jüngling aus dem harzesten Harz die -
ja, gut, sagen wir halt: - Stadt und sah das Schild "Kuhdamm", worauf er
in Krämpfe verfiel und maßlosen Lachens voll verschied. Lange rätselten
die wegen ihrer bräsigen Denk- und Lebensart in ganz Brandenburg
verlachten Berliner Eingeborenen, was denn den Fremden so erheitert
haben könnte, bis ein Cottbuser Postkutscher sie aufklärte. "Oh", sagten
die aufgeweckteren Berliner und dachten vierzehn Tage lang über des
Cottbusers Antwort nach. "Hm", sagte dann der Oberste Berater des
Königs, der zwar nicht Schreiben, immerhin aber Lesen konnte und also
für hochgebildet galt, "wir haben ein Problem."
Obwohl nur noch jeder vierte Passant eine Kuh
sei, überdies der Damm längst woanders liefe, heiße der Weg immer noch
"Kuhdamm", so analysierte der königliche Berater und er schlug dem König
vor, man möge den Kuhdamm doch Hürlimannweg nennen. Der König
versprach, darüber nachzudenken und während er noch nachdachte, woher er
den Namen Hürlimann kenne, geschah es, daß der König zum Deutschen
Kaiser ausgerufen wurde. Darüber erschrak der König so, daß ihm wieder
einfiel, daß Hürlimann der Name seines Beraters war, den er einst aus
den Hohen Bergen des Südens hatte kommen lassen, um wenigstens einen
Schriftkundigen in Preußen zu haben. "Dieser Hürlimann ist mir ein gar
zu arger Schelm", sagte der Kö... nein, der Kaiser und er verbannte Urs
Hürlimann aus seinem Reiche, worauf Hürlimann zum Dank in seiner alten
Heimat die Schweiz gründete.
Nun aber, da
der einzige Intellektuelle des Reiches das Reich verlassen hatte, war
guter Rat teuer und es würde der Kuhdamm immer noch "Kuhdamm" heißen,
hätte nicht ein des Deutschen unkundiger Schildermaler aus Polen und aus
Versehen "Kudamm" auf alle Straßenschilder entlang dieser Straße
gepinselt.
Der polnische Schildermaler aber,
dem sein Adelsstand längst peinlich geworden war, wurde aus diesem
Stande entlassen und er gründete
der Familie Popolski, ohne welche noch heute eine deutsche (oder überhaupt eine) Popkultur nicht möglich wäre.