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Die Gießkanne Günzlow
Als an diesem heißen Sommersonntagnachmittag
die Gießkanne Günzlow tatendurstig auf den Spielplatz kam, da waren...
Ach so, Günzlow! Ihr kennt ja die Gießkanne Günzlow noch gar
nicht.
Die Gießkanne Günzlow müßt ihr euch als ziemlich klein
vorstellen, dazu gedrungen von Gestalt und furchtbar rosa in der Farbe. Eine
Eigenart von Günzlow ist es, wahnsinnig oft zu niesen, wobei aus seiner kleinen,
gedrungenen und furchtbar rosafarbenen Gießnase jedesmal ein bißchen Wasser
tropft. So oft niest die Gießkanne Günzlow, daß Albin, der Witzbold (ein
Sandsieb übrigens) vor einigen Monaten dazu übergegangen war, von Günzlow
nur noch als der „Nieskanne Günzlow“ zu sprechen.
Na ja, was Sandsiebe alles für lustig halten!
Als, wie gesagt, an diesem heißen Sommersonntagnachmittag die
Gießkanne Günzlow tatendurstig auf den Spielplatz kam, da waren die anderen
Plastiksachen schon fleißig und eifrig im Sandkasten am Arbeiten. Sie
schaufelten und rechten, füllten Eimer mit Sand und siebten, schleppten Sand von
hier nach da und formten dort den Sand zu Kuchen. Ein Wirken und Werken war das,
ein Schwitzen und Schwatzen.
Die um den Spielplatz herumstehenden Sträucher und Bäume, die
Blumen und Gräser, waren hingerissen von diesem Machen und Tun, wieder und
wieder brachen sie in begeisterte Jubelrufe aus.
Die Gießkanne Günzlow aber, so stellte sich bald heraus, war
zu dergleichen Sandarbeiten nicht zu gebrauchen. Sie mühte sich, den Sand zu
einem hohen Turm zu schaufeln und konnte es nicht. Sie machte sich daran, einen
Sandkuchen zu formen, aber wieder wurde nichts Rechtes daraus, so daß sie sich
anbot, beim Transportieren des Sandes zu helfen. Zwei giftgelbe Schaufeln
(Anton und Boris, die Zwillinge aus Hartplastik) füllten schnell die
Kanne, beim Ausladen des Sandes jedoch brauchte Günzlow, der Arme, so lange, daß
die anderen Sandspielsachen schnell die Geduld mit ihm verloren.
„Günzlow, du bist ein Versager“, meinte Ilse, die blaue
Schaufel und Franz, der dunkelrote Rechen konnte ihr da nur zustimmen. Die
anderen Plastiksachen sahen das wohl auch so, denn sie lachten die Gießkanne
Günzlow ohne Erbarmen aus und ließen sie fortan nicht mehr mitspielen.
Mutlos und traurig hockte sich Günzlow an den Rand des
Sandkastens, schniefte (wie immer) fürchterlich und weinte (was er
sonst nur selten tat) so manche dicke Träne.
„Warum weinst du, kleine Gießkanne?“ fragte plötzlich eine
Stimme hinter ihm. Es war Sabine, das Gänseblümchen, das Günzlow mitleidig
anblickte, als er sich nach ihr umdrehte. Günzlow erzählte der freundlichen
Blume von sich und seinem vergeblichen Mühen. Und während er erzählte, schniefte
er heftig, heulte schließlich, zu allem Überfluß, Sabine zwei, drei dicke Tränen
auf die Blüte.
„Oh, Entschuldigung“, stammelte Günzlow verlegen, als er die
Bescherung sah, aber Sabine hatte die Wassertropfen schon aufgesogen.
„Danke“, sagte sie lachend. „Heut’ ist wirklich ein heißer
Tag, da ist unsereiner froh um jede Erfrischung. Ob du - ich meine, wenn es
nicht zuviel verlangt ist - vielleicht noch ein paar Tropfen Wasser
hättest?“
„Hab ich leider nicht“, mußte Günzlow zugeben. „Aber“, fuhr
er fort, „ich könnte ja Wasser holen.“
„Nein, nein, ich meinte nur: falls... ganz zufällig. Ich
wollte dich wirklich nicht belästigen.“
„Du belästigst mich nicht, im Gegenteil. Wie du siehst, habe
ich momentan eh nichts zu tun.“
Und so machte sich die Gießkanne Günzlow auf den Weg zum
Brunnen, schöpfte sich voll Wasser und goß das lachende, vor Vergnügen
jauchzende Gänseblümchen Sabine über und über mit Wasser voll, bis es meinte,
nun wäre es vorerst genug.
„He, Günzlow!“ riefen zwei besonders mutige Rosen. „Könntest
du uns nicht auch ein bißchen gießen?“
„Kann ich, kann ich“, strahlte Günzlow und machte sich voll
Eifer wieder auf den Weg. Nun wurden auch die anderen Blumen und Gräser,
Sträucher und Bäume mutig, alle baten sie Günzlow, er möchte sie doch auch ein
wenig gießen. Man riß sich regelrecht um die Gießkanne Günzlow. Jede der
Pflanzen, die vorhin noch so begeistert die Schaufeln und Eimer und Rechen
beklatscht hatten, bewunderte nun die segensreiche Gießkanne. Die Sandspielzeuge
beachtete niemand mehr.
Günzlow war eindeutig der Held des Spielplatzes.
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