Sigmund Freud in der Schweinebucht
Wenn ich mit arrogant-nachlässiger Bewegung den Begriff "Freudscher
Versprecher" in den Raum werfe, so werden (fast) alle mit dem Kopf
nicken und wissen, was ich damit meine. Früge ich allerdings tückisch
nach, was denn nun also ein Freudscher Versprecher sei, so würden sich
vermutlich etliche, gar viele auf ein diffuses "Öhm, das weiß doch
jeder" zurückziehen.
Alsdann, damit alles klar ist, und zwar für alle, zitiere ich die Wikipedia. "Ein Freud’scher Versprecher (nach Sigmund Freud), auch Lapsus linguae
genannt, ist eine sprachliche Fehlleistung, bei der ein eigentlicher
Gedanke oder eine Intention des Sprechers unwillkürlich zu Tage tritt.
Bei der Bewertung eines scheinbar sinnlosen Versprechers als einer
Freud’schen Fehlleistung wird davon ausgegangen, dass in der
Bedeutungsabweichung, die durch einen Versprecher entsteht, eine
unbewusste Aussage zum Vorschein kommt. Es wird also nicht angenommen,
dass solchen Versprechern eine einfache, (neuro-)physiologische oder
auch assoziative Beeinflussung der Sprachproduktion zugrunde liegt, sondern behauptet, dass es vor allem eine psychische
Ursache dafür gibt. Bei den Freud’schen Fehlleistungen würde somit
anstelle des eigentlich Gemeinten etwas gesagt werden, das dem Gedachten
ggf. sogar besser entspräche und in diesem Sinne interpretiert werden
könnte."
Die Wikipedia ist so freundlich, mir den Weg zum Bücherregal zu ersparen und bringt ein Beispiel von Freud selber:
"Ein
Mann erzählt von irgendwelchen Vorgängen, die er beanstandet, und setzt
fort: Dann aber sind Tatsachen zum ‚Vorschwein‘ gekommen. Auf Anfrage
bestätigt er, dass er diese Vorgänge als 'Schweinereien' bezeichnen
wollte. 'Vorschein' und 'Schweinerei' haben zusammen das sonderbare
'Vorschwein' entstehen lassen."
Sigmund Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens
Noch ein Beispiel von Freud, immer noch aus der Wikipedia
"Freud
führt in der Psychopathologie des Alltagslebens an: Der
deutschnationale Abgeordnete Lattmann tritt 1908 im Reichstag für eine
Ergebenheitsadresse an Wilhelm II. ein, und wenn man das tue, "so wollen wir das auch rückgratlos tun". Nach, laut Sitzungsprotokoll, minutenlanger stürmischer Heiterkeit erklärt der Redner, er habe natürlich rückhaltlos gemeint.
Und weiter:
Otto
Rank führt im Zentralblatt für Psychoanalyse eine Stelle aus
Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig" an: Porzia ist es eigentlich
durch ein Gelübde verboten, Bassanio ihre Liebe zu gestehen, sagt aber "Halb bin ich Euer, die andre Hälfte Euer - mein wollt ich sagen."
Der
damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gab am 24. November 2008
bei der 3. Berliner Medienrede als Redner folgenden Kommentar von sich:
"Und inzwischen eröffnen uns Computer und Internet ganz neue Austausch- und Informationskontrollen", gemeint war: Austausch- und Informationskanäle.
So, und vor diesem Hintergrund lese man sich folgenden Ausschnitt aus der FAZ von 1978 mal durch:
Invasion
und Investition verschmelzen zur "Investion" und der Autor beschreibt
mit diesem sinnlosen Wort sehr korrekt die ökonomischen Hintergründe der
Landung in der Schweinebucht.
Abschließend
sei's geseufzt: Ich kann nur hoffen, daß mir in diesem Beitrag
kein Freudscher Verschreiber unterlaufen ist.