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Der
folgende Text ist so ganz rasend aktuell nicht mehr, er entstand in den
frühen achtziger Jahren. Das Phänomen der rasenden
Dichter hat sich inzwischen auch gelegt, ich bring den Artikel trotzdem.
Die
rasenden Dichter
Vom
olympischen Geist in der Poesie
Als vor etlichen Jahren ein Komet zur Erde zu stürzen drohte,
wurde diese tödliche Gefahr namens "Kohoutek" mit durchaus angenehmem Gruseln
zur Kenntnis genommen. Wenige Wochen nach Entdeckung der Bedrohung und lange vor
der verschämt gegebenen Entwarnung (es war alles nur ein Meß- und/oder
Rechenfehler gewesen) war das zu erwartende Ereignis bereits zu Literatur
verwurstet. H. G. Konsalik, Meister
aller Klassen, hatte in wenigen Wochen zwei Buchdeckel namens "Ein Komet fällt
vom Himmel" mit vollmundiger Roman-Masse gefüllt.
So weit, so Konsalik. Insoweit unvermeidlich.
Wenige Tage nach des Genschers Wende veröffentlichte die
"taz" ein "Gedicht für Genscher" von Erich Fried, enthaltend unter anderem
folgende Zeilen:
Gescheit
Gescheiter
Gescheitert
Nun gut. Wem auch fällt schon in
kurzer, drängender Frist was wirklich Gutes ein? Und "einmal" ist schließlich
"keinmal", wie uns tröstend verheißen ist vom Volksmund.
Denkste!
Who wants yesterday poems...?
Kurze Zeit später schon belehrt der "stern" Hoffende
grausam:
Zwei Tage nach dem Massenmord in den
palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila hat der in England
lebende deutsche Schriftsteller Erich FRIED ein Gedicht verfaßt, das der 1938
aus Wien emigrierte jüdische Lyriker in einer Neuausgabe seines Gedichtbandes
'Höre Israel' veröffentlichen wird. Auszug:
Israelische
Truppen nahmen - so sagten sie -
Nicht Teil an
diesen Massakern, sondern sahen nur teilnahmslos zu
Vom Rande der
Lager
Die sie zuvor
den befreundeten Truppen Haddads
Überlassen
hatten zur Wiederherstellung der Ordnung
Der Ordnung,
die sie dann zum Teil wieder herstellen halfen
Mit ihren
Bulldozern, die einen Teil der Toten versteckten."
Um solcherart hingeschlunzte
Leitartikel-Lyrik scheint es ähnlich bestellt zu sein wie um das Fixen. Einmal
fängst Du an, hast Alles im Griff und bist versackt, eh' der Hahn dreimal des
Morgens kräht. Und mußt es wieder tun, kannst nimmermehr lassen vom süßen
Gift.
Noch'n Gedicht - und noch'n Dichter
Und das greift um sich, diese Dalli-Dalli-Poesie des
Düsenzeitalters. Das wuchert durch alle Ebenen literarischer Prominenz; es muß
dem Harald Grill nur billig
erscheinen, was dem Erich Fried so
offensichtlich recht ist.
Da erschien in der Regensburger "WOCHE" ein Artikel über die
Markierung Regensburger Kulturdenkmäler durch blau-weiße Wapperl, damit sie im
Kriegsfall nicht voreilig zerstört würden. Und die "WOCHE" drauf der lyrische
Kommentar des hiesigen Mobilen-Einsatz-Poeten, u. a. mit diesen unsterblichen
Worten:
Auch wenn's ein Witz ist ein trauriger,
dem Fremdenverkehr tut sowas gut;
ein Scherz am Rande, denn
was zählt schon der Mensch,
wenn nicht sein Geld?
Verse wie diese... Verse? Nein!
Keinen Streit um Worte jetzt
Nennen wir dies gelassen
"Verse", dem
Brauche folgend, daß
Jeder Text
- jeglicher -
Welcher die Gänze der
Zeile nicht nützen mag,
vielmehr
Die Einheit des Satzes
Zerschnippelt und
Alsdann neu und
Gefällig
Zufällig fügt,
In dringendem
Verdacht steht, ein Vers
Zu sein.
Verse also, wie die zitierten, haben
die handwerkliche Geschliffenheit einer ersten, flüchtigen Notiz, die poetische
Kraft und den Metaphernreichtum eines zwischen Scheißen und Händewaschen
diktierten Kommentars.
Warten auf den satten Strahl
Warum machen die das, der Fried und der Grill, Harald und Erich? Warum belassen
sie es nicht bei einem ordinären Leserbrief, wie's unsereiner macht, wenn
schnell was weg muß von der Seele? Warum setzen sie ihren Ruf - der bei beiden
ein wirklich guter Ruf ist - so
locker und leicht auf's Spiel? Braucht man Geld? Publicity? Oder gehorcht der
poetische Schließmuskel nicht mehr? Muß man tröpfchenweise ausscheiden, was
immer auch kommt, statt gelassen Material zu sammeln für den wirklich großen,
satten Strahl?
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höre fried und du
horch auch zu
grill
strebt nicht
nach dem lorbeer ein
konsalik der lyrik
zu heißen
lüstet nicht
nach vollständigkeit den
großteil
täglicher nachrichten laßt
unbedichtet
laßt ab
vom olympischen ehrgeiz
der schnellste zu
sein
Macht halt kein'n Scheiß!
denn sehet wenn
ihr nicht einhalt gebietet dem blinden
kurz-und-klein-dichten
so werdet ihr
dereinst mit pelle igel verglichen
werden wann immer
von wegwerf-lyrik die rede
ist an den lagerfeuern
germanistiens
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Was hör' ich? Ihr kennt Pelle Igeln nicht? Den berüchtigten
Arbeiterdichter aus der DKP-Presse? Den kennt ihr nicht?
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JETZT WIRD DER STAUHAKEN MAL IN RUHE
GESETZT
Da habt ihr
streiken wollen,
weil die Bosse
nicht mehr zahlen sollen.
Wie könnt ihr
denn so übermütig sein!
Da langt ihr
ja direkt in deren Gelder rein,
die die Bosse
nicht gern rausgeben
und behalten
wollen für ihr armes Leben,
das
bescheidene Leben der Aktionäre.
Überleg dir's
bei deiner 'Nie-gestreikt-haben-Ehre!'
Wo doch die
Ausgaben.... |
Aufhör'n soll ich? Ihn weiter zu kennen begehrt Ihr
nicht?
Auch gut.
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