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Der Bratenfänger von Hameln
Nach Schweinfurt kam einst beim Untergange der
Sonne ein Wandergeselle durch das Stadttor geschritten.
Er hatte sich noch gar nicht richtig umgesehen, da sprach ihn
schon ein großer,dicker, rosafarbener Bürger von Schweinfurt mit schwarzem Hut
an.
"Willkommen in Schweinfurt, Fremder."
"Dank für den Gruß, lieber Herr...?"
"Pirzer. Eberhard Pirzer. Und was seid Ihr für einer?"
"Ich bin der Bratenfänger von Hameln."
"So, Bratenfänger seid Ihr? Was für Braten fangt Ihr
denn?"
"Mal dies, mal das, vor allem aber Schweinebraten."
"Da werdet Ihr bei uns kein Glück haben."
"Na, ich weiß nicht", sprach der Bratenfänger und blickte um
sich. "Mir scheint, es gibt hier viele..."
"Nein, gibt es nicht", antwortete der Schweinfurter Bürger
schnell. "Hier gibt es nur Schweinfurter Bürger."
"So, wie Ihr einer seid?"
"So, wie ich einer bin."
"Aha", sagte der Bratenfänger von Hameln und freute sich, daß
er es hier in Schweinfurt so gut getroffen hatte. Er ließ sich noch eine
nahegelegene Herberge für die Nacht empfehlen und empfahl sich dann selbst.
Als der Bratenfänger von Hameln am nächsten Morgen seine
Herberge verließ und auf die Straße trat, sah er seine Zufallsbekanntschaft von
gestern abend wieder. Der große, dicke, rosafarbene Bürger von Schweinfurt mit
schwarzem Hut, der ihn bei seinem Eintreffen in der Stadt so freundlich begrüßt
hatte, war eben im Begriff, das Stadttor zu passieren und Schweinfurt zu
verlassen.
"Hei, das ist mir eine gute Gelegenheit", sagte sich der
Bratenfänger von Hameln und ging dem Schweinfurter Bürger unauffällig nach.
Nachdem sie eine Weile durch den sonnigen Frühlingsmorgen spaziert waren, der
Schweinfurter Bürger und sein heimlicher Verfolger, kam aus einem Gebüsch ein
weiteres Schwein...
...furter Bürgerlein und gesellte sich nach vertrautem Gruße Eberhard
Pirzer zu. In angeregtem Geplauder, und ohne daß sie den ihnen in einigem
Abstand folgenden Bratenfänger von Hameln bemerkt hätten, gingen die beiden
dahin. Nachdem der Weg eine Biegung gemacht hatte und nun einen Hügel hinab
führte, war vom nahen Schweinfurt nichts mehr zu
sehen.
Ein Weg kreuzte die Straße, von links kam ein Wanderer, der
dem Aussehen nach ebenfalls aus Schweinfurt zu stammen schien, von rechts deren
zwei und alle drei schlossen sich, nach fröhlicher Begrüßung angeregt plaudernd
und scherzend, den Beiden an.
"Das wird ja immer besser", dachte der Bratenfänger von
Hameln bei sich und war rechtschaffen froh, daß er sein Bratenfängerbesteck im
Reisesack mit sich trug.
Der Weg führte nun geradewegs in einen dichten, dunklen Wald,
wie er damals noch rings um Schweinfurt herum wuchs. Vier am Waldrand lagernde
Bürger von Schweinfurt erhoben sich winkend beim Nahen der lustigen Gruppe und
schlossen sich ihr ebenfalls an.
Als sie schon eine geraume Zeit wacker im Wald ausgeschritten
waren, erreichten sie eine kleine Lichtung und überquerten sie. Der Bratenfänger
von Hameln wartete eine Weile, bis die Schweinfurter Bürger auf der anderen
Seite der Lichtung wieder vom dichten, dunklen Wald verschlungen waren und
huschte dann selber, heimlich, still und leise, wie es Bratenfängerart ist,
hinter den neun Schweinfurter Bürgern her.
Gerade als er die Mitte der Lichtung erreicht hatte, vernahm
der Bratenfänger von Hameln ein leises Räuspern, das ihm in der Stille des
Waldes aber zu einem laut hallenden Geräusch anwuchs.
Erschrocken drehte er sich um und sah einen jener
Schweinfurter Bürger, der eben noch vor ihm im Wald verschwunden war, nun hinter
sich am entgegengesetzten Rande der Lichtung stehen. Noch ehe er sich so recht
darüber wundern konnte, wie dies so rasch geschehen sein mochte, noch gar, was
es zu bedeuten hätte, knackste ein Ast und im Umdrehen sah er an anderer Stelle
der Lichtung Eberhard Pirzer aus dem Wald auf die Lichtung treten.
Es knackste wieder und wieder und wieder und nacheinander
kamen alle neun Schweinfurter Bürger, die eben noch vor ihm gegangen waren, an
verschiedenen Punkten aus dem Wald, so daß sie einen nahezu perfekt gezirkelten
Kreis um den Bratenfänger von Hameln bildeten.
Der Bratenfänger von Hameln schluckte und die Bürger von
Schweinfurt schwiegen, Dann traten sie, wie auf ein Kommando hin, allesamt einen
Schritt näher auf den Bratenfänger zu.
Und noch einen.
Tags darauf gaben Eberhard Pirzer und seine Freunde ein Fest
für alle Schweinfurter Bürger. Bier und Wein gab es reichlich zu trinken und
nach der Suppe wurde köstlicher Bratenfängerbraten gereicht.
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